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Darum ist Weizen kein Kohlenstoffspeicher

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Hintergrund

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Zwölf Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen entstehen in der Landwirtschaft. Obwohl Landwirtinnen und Landwirte Pflanzen anbauen, die Photosynthese betreiben und dadurch Kohlenstoff binden, tragen sie nicht dazu bei, das atmosphärische Kohlendioxid wirksam zu minimieren. Das allerdings wird immer wieder behauptet, unter anderem in einer Kampagne eines Landmaschinenherstellers im Jahr 2020. Der wesentliche Fakt wird dabei vernachlässigt: Die Kohlenstoffbindung in landwirtschaftlichen Produkten wie Weizen, Mais und Zuckerrüben ist lediglich Teil des normalen biologischen Stoffkreislaufes, der sich innerhalb eines Jahres abspielt. Dieser hat weder positiven noch negativen Einfluss auf die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre.

Anders ist es im Wald: Bäume entziehen genau wie alle anderen Pflanzen der Atmosphäre Kohlendioxid. Im Unterschied zu Feldfrüchten binden sie den enthaltenen Kohlenstoff aber über einen sehr langen Zeitraum. Klimawirksam ist dementsprechend lediglich, wenn Langzeitspeicher wie Wälder oder Moore vergrößert oder reduziert werden.

Unser Faktencheck liefert das Basiswissen zur Kohlenstoffbindung in der Landwirtschaft. 
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„Das jährliche Auf und Ab des biologischen Kohlenstoffkreislaufs ist weder eine Bedrohung für das Klima noch seine Rettung.“

Bernhard Osterburg, Leiter der Stabsstellen Klima und Boden am Thünen-Institut


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Das Beispiel Weizen

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Anbauprodukte in der deutschen Landwirtschaft binden im Laufe eines Jahres kurzfristig durchschnittlich rund 97 Millionen Tonnen Kohlenstoff. 21 Prozent davon entfallen auf Weizen.* Dieser wird auf 19 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland angebaut.

Auf den ersten Blick bindet Weizen zwar eine große Menge Kohlenstoff aus der Atmosphäre. Bei Betrachtung des biologischen Kohlenstoffkreislaufes wird allerdings klar: Dieser Speichereffekt ist nur ein kurzfristiger während der Vegetationsperiode. Ein Großteil der Pflanzenbiomasse wird von Mensch und Tier verbraucht und nach deren Verdauung als Kohlendioxid wieder ausgeatmet. Von dem nicht verbrauchten Rest, zu dem Erntereste, Wurzeln und Gülle gehören, wird ein kleiner Teil zu Humus. Lediglich dieser Humus ist klimarelevant als Kohlenstoffspeicher. Der kurzfristige Speichereffekt in landwirtschaftlichen Produkten wie dem Weizen ist es nicht.

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Das Beispiel Humus

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Klimarelevant hingegen ist die langfristige zusätzliche Kohlenstoffbindung, wie sie etwa in Humus stattfindet. Ebenso wesentlich ist es, einen Abbau solcher langfristigen Kohlenstoffspeicher zu verhindern, um das gebundene Kohlendioxid nicht wieder freizusetzen.

Derzeit sind laut Bodenzustandserhebung des Thünen-Instituts 2,5 Milliarden Tonnen organischer Kohlenstoff in den oberen 100 Zentimetern der landwirtschaftlich genutzten Böden in Deutschland gespeichert.

Humus besteht zu rund 60 Prozent aus Kohlenstoff. Gebildet wird er durch die Arbeit von Bodenlebewesen aus Pflanzenresten wie Stroh, Stoppeln und vor allem Wurzeln, die nach der Ernte im Boden bleiben. Auch zu Gülle, Stallmist und Kompost umgewandelte Pflanzenreste sind wichtige Kohlenstoffquellen für den Boden.

Humusaufbau braucht allerdings Zeit: Ein Effekt ist frühestens nach fünf bis zehn Jahren im Boden messbar.
Den Aufbau von Humus fördern Landwirte beispielsweise, indem sie sogenannte Zwischenfrüchte etwa zur Gründüngung anbauen. So entsteht zusätzliche Biomasse, von der ein Teil als Humus langfristig im Boden gespeichert wird.
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"Im Durchschnitt landen 3,7 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar und Jahr in Deutschland in den Ackerböden. Das haben uns Modellrechnungen gezeigt. Allerdings wissen wir gleichzeitig, dass längst nicht all dieser Kohlenstoff im Humus im Boden dann auch gespeichert wird. Nur 0,3 Tonnen dieses jährlichen Eintrages an Kohlenstoff in den Boden stammen aus Zwischenfrüchten und diese werden jedes Jahr durchschnittlich auf zehn Prozent der Ackerflächen angebaut. Laut unserer Datenbank wäre es allerdings möglich, den Anbau von Zwischenfrüchten auf 30 Prozent der Ackerflächen auszuweiten. So könnten Landwirtinnen und Landwirte durch eine relativ einfache Maßnahme einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass deutlich mehr Kohlenstoff in den Boden gelangt und dort dann auch für einen längeren Zeitraum gespeichert wird."**  

Dr. Anna Jacobs, Leiterin Stabsstelle Boden, Thünen-Institut


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Landwirtschaftliche Produkte wie Weizen gehören nicht zu den klimarelevanten Kohlenstoffspeichern. Sie mit effektiven Langzeitspeichern wie Wald, Moor und Humus auf eine Stufe zu stellen, ist nicht nur faktisch falsch, sondern trägt auch dazu bei, nicht realisierbare Vorstellungen von einer einfachen Umkehr des Klimawandels zu forcieren. Landwirtinnen und Landwirte können dennoch einen wirkungsvollen Beitrag zur Kohlenstoffbindung leisten: indem sie langfristig Humus in den Böden aufbauen.
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